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Vervielfältigungsregelung : Abfindungen in Altersversorgung einbringen

Die betriebliche Altersversorgung hält viele Varianten der Finanzierung parat. Besonders interessant wird es immer dann, wenn eine steuerliche Förderung genutzt werden kann. Dieser Artikel befasst sich mit den Möglichkeiten, Abfindungen bei Austritten einzubringen.

Lesezeit 5 Min.

Unterscheidung in Altzusagen und Neuzusagen

Neuzusagen

Seit 2005 kennen wir den § 3 Nr. 63 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) und bei den meisten Entgeltumwand­lungen wird er ganz automatisch und regelmäßig angewendet.

Kurz zur Erinnerung: Dieser Para­graf regelt den Ausnahmetatbestand für die steuerfreie Einzahlung in eine Direktversicherung, eine Pensions­kasse oder einen Pensionsfonds, auch bekannt als versicherungsförmige Durchführungswege.

Hand aufs Herz: Schon mal selbst nachgelesen, was da so genau steht in dieser 63. Nummer des § 3 EStG?

Vermutlich ist bekannt, dass dort jähr­lich für erste Dienstverhältnisse bis zu acht Prozent der aktuellen Bei­tragsbemessungsgrenze (BBG) in der allgemeinen Rentenversicherung steuerfrei gestellt werden, sofern die Beiträge für eine Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung im Rahmen einer Kapitalbildung verwen­det werden.

Aber dort steht noch mehr. Ein nicht so weit verbreiteter Inhalt verbirgt sich in Satz drei dieses Steuerpara­grafen. Dieser zielt auf eine Sondersi­tuation, nämlich die Beendigung des Dienstverhältnisses.

Was genau ist dort geregelt und in der Versicherungsbranche als „Vervielfälti­gungsregelung“ bzw. „Vervielfältiger“ bekannt?

Kurzform: Maximal 33.840 Euro (Wert gültig für das Jahr 2022) können als Beitragszahlung in eine Altersversor­gung eingebracht werden und dieser Beitrag wird nicht versteuert.

In der Langform lässt sich feststel­len, dass die Höhe der steuerfreien Einzahlungsmöglichkeit von der Betriebszugehörigkeit abhängt. Jedes Beschäftigungsjahr zählt und maxi­mal zehn Jahre können angerechnet werden.

Die Berechnung erfolgt nicht in gan­zen Jahren, sondern in Kalender­jahren, so dass ein unterjähriger Ein- bzw. Austritt jeweils wie ein gan­zes Jahr zählt. Pro Beschäftigungs­jahr können bis zu view Prozent der Beitragsbemessungsgrenze steuer­frei aufgewendet werden, so dass sich bei der aktuellen BBG ein jährlicher Beitrag von 3.384 Euro einbringen lässt. Weitere Regelungen oder Ein­schränkungen sind nicht formuliert.

Wer schon länger im Personalwe­sen tätig ist, kennt vielleicht noch die Methodik, bei der bestehende, nach § 3 Nr. 63 EStG versteuerte Einzahlun­gen gegengerechnet wurden. Damit war in der Vergangenheit der Spiel­raum häufig sehr begrenzt und die grundsätzliche Möglichkeit stellte sich in der Praxis als wenig attraktiv her­aus. Das ist mit einer Neuregelung, die Bestandteil des Betriebsrentenstär­kungsgesetzes war, entfallen. Welche Abgrenzungen es zu Altzusagen gibt, wird später im Text erläutert.

Welcher Nutzen ergibt sich für den Empfänger der Abfindung, wenn Gebrauch von der Vervielfältigungsre­gelung nach § 3.63 EStG über eine Neu­zusage gemacht wird?

Die steuerfreie Beitragszahlung ermöglicht eine Investition in eine Rentenversicherung und damit die nachgelagerte Versteuerung. Diese Versteuerung erfolgt als sonstiges Ein­kommen (§ 22 Abs. 5 EStG) und bedeu­tet im Prinzip: volle Steuerlast.

Vervielfältigungsregelung
Vervielfältigungsregelung

Die vorschnelle Annahme, dass damit dann kein Vorteil erreicht werden kann, wenn doch vermeintlich nur die Steuern gespart werden, die am Ende wieder gezahlt werden müssen, ver­kennt das deutsche progressive Steu­ersystem. Höhere Einkommen werden mit einem höheren Steuersatz belegt als niedrige Einkommen. Laufende Einkommen aus nichtselbstständi­ger Tätigkeit plus Abfindung werden somit sehr hoch mit Steuern belastet.

Mit einer Verschiebung der Auszah­lung in die Zeit nach dem Arbeitsleben ist davon auszugehen, dass die Steu­erlast insgesamt geringer sein wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Auszahlung nicht als Einmalbetrag, sondern als lebenslange Rente erfolgt. Der Hauptgrund für diese Annahme ist, dass die steuerpflichtige gesetzli­che Rente nicht mehr als 36.000 Euro p. a. erreichen kann. Diese Höhe zu erreichen, ist ziemlich unrealistisch, da eine 45-jährige Versicherungsdauer mit Einkommen in Höhe der jeweils gültigen BBG angenommen werden muss.

Für eine individuelle Betrachtung ist eine steuerliche Beratung zu emp­fehlen. Tatsache ist jedoch, dass die wenigsten Rentnerinnen und  Rentner über so hohe steuerpflich­tige Einkünfte verfügen, dass sie in die höchste Progression kommen.

Mit der Verschiebung der Einkünfte aus dem hoch versteuerten Aktiven­zeitraum in die Rentenphase wird also über das Steuergefälle ein posi­tiver Effekt erzielt. Durch die Erträge aus der Versicherung, die auch fonds­gebunden erfolgen kann, kommt eine zusätzliche Wertschöpfung zustande.

Altzusage

Nicht nur in § 3 Nr. 63 EStG ist eine Regelung für Abfindungen enthalten. Auch der § 40b des Einkommenssteu­ergesetzes sieht eine solche Mög­lichkeit vor. In Abgrenzung zu der Neuzusage setzt dies jedoch neben dem Ausscheiden noch eine weitere Vor­aussetzung voraus: Vor dem 01.01.2018 muss mindestens einmalig eine kor­rekte, pauschale Versteuerung einer Altersversorgung durchgeführt wor­den sein und dies auch nachgewiesen werden. Dies ist üblicherweise der Fall, wenn eine „alte Direktversicherung“ vor 2015 abgeschlossen wurde.

Die Prüfung der Anwendung dieser Möglichkeit ist auf jeden Fall emp­fehlenswert, denn die Besteuerungslogik ist etwas anders. Zunächst wird der Beitrag pauschal versteuert. Unter der Voraussetzung, dass noch eine Vertragslaufzeit von mindestens fünf Jahren erfüllbar ist, sind Rentenleis­tungen nur mit dem sogenannten Ertragsanteil zu versteuern.

Sollte statt der Rente eine Kapital­abfindung gewünscht sein, ist eine Versteuerung nach dem Halbeinkünf­teverfahren möglich. Diese steht aller­dings unter dem Vorbehalt, dass nach der Beitragszahlung noch mindes­tens 12 Vertragsjahre liegen und die Vertragsvollendung nicht vor dem 62. Lebensjahr erfolgt.

Für die Berechnung des möglichen Vervielfältigungsbetrags nach § 40b EStG sind bereits pauschal versteuerte Beitragszahlungen zu berücksichtigen. So sind grundsätzlich für jedes zurück­gelegte Dienstjahr 1.752 Euro Volumen möglich. Dieser Betrag vermindert sich jedoch um die pauschal versteu­erten 40b-Beiträge für das laufende sowie für die sechs vorangegangenen Jahre.

Abfindung
Abfindung

Kombination von Alt- und Neuzusage

Wird die Möglichkeit der Altzusage genutzt, gibt es eine Besonderheit zu beachten: Der zur Verfügung stehende Rahmen für die Ausschöpfung des steuerfreien Rahmens nach § 3.63 EStG reduziert sich um den pauschal ver­steuerten Vervielfältigungsbetrag.

Nicht nur die steuerlichen Möglich­keiten machen ein Einbringen in eine Altersversorgung zu einer lohnenden Sache. Auch Sozialabgaben werden für die Beiträge in die Vervielfältigungsdi­rektversicherung nicht fällig.

Allerdings ist zu beachten, dass die Leistungen wie jede bAV verbeitragt werden müssen, sofern keine private Krankenversicherung vorliegt.

Martin Stolzenburg, „Mister bAV®“

Das Bild zeigt einen Text in deutscher Sprache, der ein Beispiel für die Leistungsberechnung eines Mitarbeiters für die Altersvorsorge im Rahmen einer Direktversicherung, der sogenannten „Direktversicherung“, beschreibt. Es zerlegt das Geld

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