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Lohnsteuer kompakt für die Personalpraxis

Lesezeit 8 Min.

BMF-Schreiben für Arbeitgeberleistungen im Bereich der Gesundheitsprävention nach § 3 Nr. 34 EStG

Mit Schreiben vom 20.04.2021 hat die Finanzverwaltung zur steuerlichen Anerkennung von Arbeitgeberleistungen im Bereich der Gesundheitsprävention nach § 3 Nr. 34 EStG Stellung

genommen. Danach können Arbeitgeber für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen für Arbeitnehmer einen Freibetrag von 600 Euro je Arbeitnehmer in Anspruch nehmen.

Ein Screenshot, der einen Textausschnitt auf Deutsch zeigt, der übersetzt „Den BMF-Brief zum Thema Personalwesen finden Sie hier“ bedeutet, gefolgt von einem direkten Link und einem QR-Code für den einfachen Zugriff.
Das_BMF-Schreiben_finden_Sie_hier

 

 Nach der Gesetzesbegründung fallen unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG auch Maßnahmen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention, die nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB V zertifiziert sind, sowie gesundheitsförderliche Maßnahmen in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung), die den vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) festgelegten Kriterien entsprechen. § 3 Nr. 34 EStG verweist auf §§ 20 und 20b SGB V.

Individuelle verhaltensbezogene Prävention

§ 20 Abs. 1 Satz 3 SGB V verlangt, dass Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention (Präventionskurse), die von Krankenkassen bezuschusst werden, den vom GKV-Spitzenverband definierten Handlungsfeldern und Kriterien (GKV-Leitfaden Prävention) genügen und von den Krankenkassen oder einer von ihnen beauftragten Stelle zertifiziert sein müssen (§ 20 Abs. 5 Satz 1 SGB V).

Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention werden grundsätzlich in Form von Präventionskursen erbracht und sollen den Einzelnen motivieren und befähigen, Möglichkeiten einer gesunden, Störungen und Erkrankungen vorbeugenden Lebensführung auszuschöpfen. Die Zertifizierung von Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention, soweit sie von der Krankenkasse gefördert oder erbracht werden, erfolgt durch eine Krankenkasse oder in ihrem Namen durch einen mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten. Die Kurse können auch in die betriebliche Gesundheitsförderung integriert werden.

Die meisten Krankenkassen lassen ihre Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention im Rahmen einer Kooperationsgemeinschaft über die Zentrale Prüfstelle Prävention des Dienstleistungsunternehmens Team Gesundheit GmbH prüfen und zertifizieren. Die zertifizierten Präventionskurse der Krankenkassen finden in der Regel außerhalb des Betriebsgeländes statt und werden durch den Arbeitgeber bezuschusst. Leistet der Arbeitgeber einen Zuschuss an die Krankenkasse, ist der auf den teilnehmenden Arbeitnehmer entfallende Zuschuss nach Maßgabe des § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei.

Dokumentation beim Arbeitgeber

Die Teilnahme ist vom Arbeitnehmer mit einer vom Kursleiter unterschriebenen Teilnahmebescheinigung nachzuweisen, aus der der Titel des Kurses einschließlich der Kurs-Identifikationsnummer der jeweiligen Prüfstelle und die Teilnahme des Arbeitnehmers hervorgehen. Sofern der Arbeitnehmer selbst in finanzielle Vorleistung getreten ist, kann er bei seinem Arbeitgeber unter Vorlage der Teilnahmebescheinigung eine Arbeitgeberförderung beantragen. Zur Vermeidung von Doppelförderungen ist in dem Antrag vom Arbeitnehmer eine Erklärung abzugeben, ob bereits die Krankenkasse einen Zuschuss gezahlt hat oder ein solcher beantragt wurde.

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In diesem Fall kann der Arbeitgeberzuschuss höchstens bis zu der beim Arbeitnehmer nach Abzug des Krankenkassenzuschusses verbliebenen Vorleistung nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei sein.

Das Zertifikat, die Teilnahmebescheinigung und gegebenenfalls der Antrag auf Arbeitgeberförderung sind vom Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto zu nehmen.

Es macht keinen Unterschied, ob die Leistung auf Veranlassung des Arbeitgebers zertifiziert wurde oder ob der Arbeitgeber eine bereits zertifizierte Leistung einkauft und seinen Arbeitnehmern anbietet. Erforderlich ist bei eingekauften Leistungen, dass

  • der beim Arbeitgeber durchgeführte Kurs mit dem zertifizierten Kurs inhaltlich identisch ist,
  • das Zertifikat auf den Kursleiter ausgestellt ist, der den Kurs beim Arbeitgeber durchführt, und das Zertifikat bei Kursbeginn noch gültig ist.

Das Zertifikat und die Teilnahmebescheinigung sind vom Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto zu nehmen. Bei Barleistungen des Arbeitgebers sind als Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung die Teilnahmebescheinigung, der Zahlungsbeleg des Arbeitnehmers und eine Kopie des Zertifikats als Belege zum Lohnkonto zu nehmen.

Nicht zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers

Für im Auftrag des Arbeitgebers allein für dessen Beschäftigte erbrachte Präventionskurse besteht mangels Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen keine Zertifizierungsmöglichkeit. Nicht zertifizierte Leistungen des Arbeitgebers zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention können nach § 3 Nr. 34 EStG unter folgenden Voraussetzungen steuerfrei sein. Erforderlich hierfür ist, dass

  • die Leistungen Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses sind, der nach § 20b SGB V bezuschusst wurde, bzw. wird, oder
  • die nicht zertifizierten Präventionskurse hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen des § 20 SGB V genügen und sie im Auftrag eines Arbeitgebers allein für dessen Beschäftigte durchgeführt sowie vom Leistungsanbieter nicht mit demselben Konzept auch für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten werden.

Dokumentation

Der vom Arbeitgeber allein für dessen Beschäftigte erbrachte Präventionskurs genügt jedenfalls dann den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V, wenn er inhaltlich mit einem bereits

zertifizierten und geprüften Kurskonzept eines Fachverbands oder einer anderen Organisation (zum Beispiel Kursinhalt „Rücken- Fit“) identisch ist. Der Kursleiter hat das von ihm genutzte

zertifizierte Kurskonzept zu benennen und schriftlich zu bestätigen, dass der angebotene Präventionskurs entsprechend den vorgegebenen Stundenverlaufsplänen durchgeführt wird.

Zum Nachweis der Qualifikation hat der Kursleiter schriftlich zu versichern, dass seine Qualifikation den Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Zertifizierung von Kursangeboten in

der individuellen verhaltensbezogenen Prävention entspricht. Die Erklärung des Kursleiters zum verwendeten Kurskonzept und zu seiner Qualifikation sind als Belege zum Lohnkonto zu nehmen. § 20b Abs. 1 SGB V beschreibt die Anforderungen an Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung), die von Krankenkassen erbracht werden können.

Diese Maßnahmen sind an den spezifischen betrieblichen Bedarfen ausgerichtet und werden gemäß den Handlungsfeldern und Kriterien des GKV-Leitfadens Prävention zwischen dem Betrieb und der leistenden Krankenkasse individuell vereinbart. Für Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V ist eine Zertifizierung grundsätzlich nicht vorgesehen.

Maßnahmen im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses

Die Leistungen müssen im Rahmen eines strukturierten innerbetrieblichen Prozesses (zum Beispiel gesteuert durch ein internes betriebliches Gremium), mit einer Analyse des Bedarfs (zum Beispiel durch Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Analyse des Krankenstandes, partizipative Methoden wie Gesundheitszirkel oder Zukunftswerkstätten) und unter Einbindung der Beschäftigten bzw. ihrer Vertretungen sowie – sofern vorhanden – der für Sicherheit und Gesundheit verantwortlichen Fachkräfte im Betrieb (zum Beispiel Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte) erbracht werden. Sie werden insbesondere in Form von Kursen bzw. Vorträgen in Gruppen durchgeführt.

Im BMF-Schreiben sind folgende Handlungsfelder beschrieben: „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ mit den Präventionsprinzipien „Stressbewältigung und Ressourcenstärkung“, „bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte“, „gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag“ sowie „verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb“.

Die Leistungen können auf dem Betriebsgelände oder in einer geeigneten Einrichtung (zum Beispiel Fitnessstudio, Sportverein, Praxisräume freiberuflicher Fachkräfte) außerhalb des Betriebsgeländes erbracht werden.

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Dokumentation

Der Arbeitgeber hat die Teilnahmebescheinigung und eine Erklärung als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen, wonach die Maßnahme im Rahmen eines strukturierten innerbetrieblichen Prozesses mit einer Bedarfsanalyse und unter Einbindung der für Sicherheit und Gesundheit verantwortlichen Stellen und der Beschäftigten, beispielsweise ihrer gesetzlichen Vertretung, umgesetzt wurde. In diesen Fällen ist eine Zertifizierung der Leistung für Zwecke der Steuerbefreiung grundsätzlich nicht erforderlich. Für das Handlungsfeld „gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ ist eine vom Arbeitgeber zu führende Anwesenheitsliste abzulegen, aus der sich zudem der wesentliche Inhalt des Vortrags ergibt.

Keine Gesundheitsmaßnahmen

Nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG fallen insbesondere:

  • Mitgliedsbeiträge in Sportvereinen, Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen,
  • Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart,
  • Trainingsprogramme mit einseitigen körperlichen Belastungen (zum Beispiel Spinning als Training nur der unteren Extremitäten),
  • physiotherapeutische Behandlungen,
  • Massagen,
  • Screenings (Gesundheitsuntersuchungen, Vorsorgeuntersuchungen) ohne Verknüpfung mit Interventionen aus den Handlungsfeldern der betrieblichen Gesundheitsförderung der Krankenkassen,
  • Maßnahmen von Anbietern, die ein wirtschaftliches Interesse am Verkauf von Begleitprodukten (zum Beispiel Diäten, Nahrungsergänzungsmitteln) haben,
  • Maßnahmen, bei denen der Einsatz von Medikamenten zur Gewichtsabnahme, Formula-Diäten (Nahrungsersatz- oder -ergänzungsmittel) sowie extrem kalorienreduzierter Kost propagiert wird,
  • Aufwendungen für Arbeitsmittel, Sport- und Übungsgeräte, Einrichtungsgegenstände und bauliche Maßnahmen,
  • Zuschüsse zur Kantinenverpflegung.
  • mit den Präventionsleistungen im Zusammenhang stehende Neben- oder Zusatzleistungen (zum Beispiel Verpflegungs-, Reise- und Unterkunftskosten),
  • Eintrittsgelder für Schwimmbäder, Saunen, Teilnahme an Tanzschulen,
  • Gestellung/Bezuschussung von Bildschirmarbeitsplatzbrillen bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen der R 19.3 Abs. 2 Nr. 2 LStR,
  • Leistungen des Arbeitgebers für nicht zertifizierte Präventionskurse mit Ausnahme der genannten Fälle.

Maßnahmen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse

Vorteile sind dann nicht als Arbeitslohn anzusehen, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen.

Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann.

Maßnahmen sind zum Beispiel:

  • Leistungen zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen (zum Beispiel Bereitstellung von Aufenthalts- und Erholungsräumen, Duschanlagen),
  • Aufwendungen für Sport- und Übungsgeräte, Einrichtungsgegenstände und bauliche Maßnahmen (zum Beispiel im betriebseigenen Fitnessraum),
  • Leistungen zur Förderung von Mannschaftssportarten durch Zuschüsse, auch an Betriebssportgemeinschaften oder Bereitstellung einer Sporthalle/eines Sportplatzes ohne Individualsportarten (zum Beispiel Tennis, Squash und Golf),
  • Maßnahmen zur Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit (durch medizinische Gutachten belegt),
  • Arbeitsplatzausstattung (zum Beispiel höhenverstellbarer Schreibtisch),
  • Qualifizierung/Fortbildung von Beschäftigten zu innerbetrieblichen Multiplikatoren in Fragen betrieblicher Gesundheitsförderung,
  • Analyseleistungen (zum Beispiel Arbeitsunfähigkeits-, Arbeitssituations- und Altersstrukturanalysen, Befragungen von Mitarbeitern, Workshops zur Bedarfsfeststellung),
  • Beratung von betrieblichen Verantwortlichen zur gesundheitsförderlichen Gestaltung von Arbeitstätigkeiten und -bedingungen, zum gesundheitsgerechten Führungsverhalten sowie zur gesundheitsförderlichen Gestaltung betrieblicher Rahmenbedingungen in Abstimmung mit den Vertretern des Arbeitsschutzes,
  • Beratung der betrieblich Verantwortlichen zur Ziel- und Konzeptentwicklung sowie zu allen Themen der Beschäftigtengesundheit einschließlich Unterstützungsmöglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und zum Umgang mit Diversität,
  • Beratung einzelner Beschäftigter oder Gruppen bei individuellen Problemen mit Bezug zum Arbeitsplatz oder Auswirkungen auf die individuelle Leistung am Arbeitsplatz (zum Beispiel Mediation, psychologische Beratung durch Fachpersonal),
  • Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements,
  • Aufbau eines Projektmanagements,
  • Moderation von Arbeitsgruppen,
  • interne Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit (zum Beispiel Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung, Arbeitsplatz- und Arbeitsablaufgestaltung),
  • Dokumentation, Evaluation und Qualitätssicherung,
  • Bildschirmarbeitsplatzbrille auf ärztliche Verordnung, um eine ausreichende Sehfähigkeit in den Entfernungsbereichen des Bildschirmarbeitsplatzes zu gewährleisten; liegt eine ärztliche Verordnung nicht vor, findet § 3 Nr. 34 EStG keine Anwendung,
  • Schutzimpfungen entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO),
  • Aufwendungen für Gesundheits-Check-ups und Vorsorgeuntersuchungen, höchstens bis zu dem Betrag, den die gesetzlichen Krankenkassen für diese Leistungen erstatten würden.

Praxishinweis:

Krankenkassen beraten und unterstützen Betriebe bei der betrieblichen Gesundheitsförderung zeitlich befristet im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe und streben eine Verzahnung der von ihnen selbst erbrachten Maßnahmen mit den von Arbeitgebern geförderten Maßnahmen in der Prävention und Gesundheitsförderung gemäß § 3 Nr. 34 EStG an.

Daniela Karbe-Geßler

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