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Ausbildung und Berufsschule : Zusammenarbeit und Konflikte

Wer mit Ausbildern spricht und dabei auf das Thema Berufsschule kommt, erlebt mitunter zumindest ein genervtes Augenrollen, wenn nicht sogar Schimpftiraden. Sind das Ausnahmen? Leider nicht. Die Erfahrungen sind allerdings von Bundesland zu Bundesland und auch von Schule zu Schule recht unterschiedlich. Es ist halt wie im richtigen Leben: Es gibt engagierte Lehrer und Berufsschulen, die einen ausgezeichneten Job machen und eng mit den Ausbildungsbetrieben zusammenarbeiten. Leider gibt es aber auch die anderen.

Lesezeit 4 Min.

Der Grundsatz

In der dualen Berufsausbildung tei­len sich die Berufsschule und der Ausbildungsbetrieb die Aufgaben. „Die Berufsschule hat die Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern den Erwerb berufsbezogener und berufs­übergreifender Kompetenzen unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen der Berufsausbil­dung zu ermöglichen. Sie befähigt zur Ausübung eines Berufes und zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer, ökonomischer und ökologischer Verantwortung.“ Soweit das Zitat aus der Rahmenver­einbarung der Kultusministerkon­ferenz über die Berufsschule (in der Fassung vom 09.09.2021).

Die Realität

Insbesondere Ausbilder, die für die Ausbildung in mehreren Bundeslän­dern mit unterschiedlichen Berufs­schulen verantwortlich sind, werden bestätigen, dass es erhebliche Unter­schiede gibt – sowohl in der (tech­nischen) Ausstattung als auch beim Engagement der Lehrkräfte.

Ja, es gibt Berufsschullehrer, die in den Ferien (!) freiwillig ein Prakti­kum in einem Ausbildungsbetrieb machen, um die Realität ihrer Schü­ler im Arbeitsalltag kennenzuler­nen. Ja, es gibt Berufsschulen, an denen Praktiker im Nebenjob die Fachthemen unterrichten und so die Arbeitspraxis einbringen können. Ja, es gibt Berufsschulen, an denen Quer­einsteiger die Fachthemen als Vollzeit­lehrkräfte unterrichten. Und ja, es gibt Berufsschulen, die über eine gute Aus­stattung mit funktionierendem WLAN und einigermaßen aktuellen Arbeits­mitteln verfügen.

Und dann gibt es die anderen Berufs­schulen, in denen mit veralteten Maschinen gearbeitet wird, für die WLAN ein Fremdwort und das Inter­net noch immer „Neuland“ ist.

Ausbildung und Berufsschule-min
Ausbildung und Berufsschule-min

Mit Lehrkräften, die routiniert ihr Pro­gramm abspulen, das sie seit Jah­ren nicht mehr angepasst haben. Wo die Schüler den Lehrern den Umgang mit modernen Maschinen erklä­ren müssten. An solchen Schulen ist die Berufsschulzeit – zumindest für den fachlichen Ausbildungsteil – ver­schenkte Zeit. Das empfinden wohl auch die meisten Auszubildenden so.

Klare Trennung der Aufgaben?

Eigentlich sollte die Aufgabentren­nung klar sein: Der Ausbildungsbe­trieb ist für die praktische Ausbildung zuständig, die Berufsschule für den theoretischen Hintergrund. Das klappt aus verschiedenen Gründen in der Praxis nicht so recht. Ein Grund ist die zeitliche Planung. Oft wird in der praktischen Ausbildung im Betrieb etwas vermittelt, was in der Berufs­schule erst später (oder manchmal gar nicht) Thema ist. Also bleibt dem Ausbilder nichts anderes übrig, als dem Auszubildenden auch den the­oretischen Hintergrund zu vermit­teln. Umgekehrt versuchen mitunter Berufsschullehrer, praktische Fer­tigkeiten in ihren Unterricht einzu­bauen – im Grunde genommen ein ehrenwerter Versuch, leider oft mit untauglichen, weil veralteten Mitteln.

Auch die – eigentlich der Berufsschule zukommende – Aufgabe, eine ganz­heitliche Ausbildung zu gewährleis­ten, also beispielsweise auch soziale Kompetenzen zu vermitteln, muss oft genug von den Ausbildungsbetrie­ben wahrgenommen werden. Zuge­geben, für die Lehrer ist es auch nicht immer einfach, wenn sie eine Klasse mit 30 Schülern mit ebenso vielen ver­schiedenen Betrieben und Ausbildern unterrichten. Was die Kompetenzen angeht, ist es auch dort ein Unter­schied, ob ein Ausbilder nur einen Aus­zubildenden betreut, dies sozusagen „nebenbei“ macht, oder hauptamtlich für eine ganze Reihe von Auszubilden­den zuständig ist.

Was kann man tun?

Wie in vielen anderen Bereichen gilt auch hier: Sprechen Sie miteinander. Das wird nicht in allen Fällen gelin­gen, aber vielfach ist es tatsächlich die Sprachlosigkeit, die zu Missverständ­nissen und gegenseitigen Vorwürfen führt.

Wenn eine Berufsschule nicht über die finanziellen Mittel verfügt, in ihren Werkstätten aktuelle Gerätschaf­ten und Werkzeuge vorzuhalten, hilft aller guter Wille der Lehrkräfte nicht. Aber vielleicht können in einem sol­chen Fall ja die Ausbildungsbetriebe sich zusammentun und entweder die notwendigen Gerätschaften (ggf. leih­weise) zur Verfügung stellen oder die Anschaffung sponsern. Dann wird unter Umständen gleich der Einwand kommen, dass die Schulen eine sol­che Spende nicht annehmen dürfen, was in meinen Augen zwar Unsinn ist, aber wenn Befürchtungen in Richtung Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit gehen sollten – warum nicht einen „Schulverein“ gründen? Funktio­niert in allgemeinbildenden Schulen vielerorts ja auch. Dieser – gemein­nützige – Verein kann Gelder einwer­ben und der Schule die notwendigen Geräte zur Verfügung stellen. Durch eine solche Einrichtung wird zudem die Kommunikation zwischen Ausbil­dungsbetrieben und Schule auf eine standardisierte Basis gestellt.

Aber Reden geht auch so: Regelmäßige Treffen zwischen Berufsschullehrern und den Ausbildungsbetrieben soll­ten sich zum Standard entwickeln. So können gegenseitig Erfahrungen aus­getauscht, Lernkonzepte abgespro­chen werden und vor allem kann das Verständnis füreinander und für die Probleme der anderen Seite gefördert werden. Das ist auch für die Ausbilder nicht immer einfach, gerade wenn sie als Einzelkämpfer ihre Aufgabe nur als kleinen Teil ihres Jobs wahrnehmen müssen, aber der Aufwand lohnt sich.

Ziel muss es sein, eine abgestimmte, umfassende Ausbildung sicherzu­stellen. Das kommt allen zugute und die Auszubildenden werden es Ihnen danken.

Jürgen Heidenreich

Ausbildung und Berufsschule 2-min
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