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Neue Regelungen bei den Minijobs seit 01.10.2022

Bei vielen geringfügig entlohnten Beschäftigten orientiert sich der erzielte Verdienst am gesetzlichen Mindestlohn. Für geringfügig entlohnte Beschäftigte mit einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt im Bereich der Geringfügigkeitsgrenze bedeutet dies, dass sie bei einer Lohnerhöhung, auch aufgrund eines ansteigenden Mindestlohns, ihre Arbeitszeit reduzieren müssen, um ihre Beschäftigung weiterhin in Form eines sogenannten „Minijobs“ ausüben zu können. Der Arbeitgeber muss jeweils prüfen, ob die Entgeltgrenze bei gleichbleibender Arbeitszeit überschritten wird.

Lesezeit 3 Min.

Der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltende Mindestlohn wurde mit dem Mindestlohnerhöhungsgesetz zum 01.10.2022 einmalig auf einen Brut­tostundenlohn von 12 Euro erhöht. Künftig orientiert sich die Gering­fügigkeitsgrenze an einer Wochen­arbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen.

Sie wird dementsprechend mit der Anhebung des gesetzlichen Min­destlohns auf 12 Euro pro Stunde auf 520 Euro monatlich erhöht und dyna­misch ausgestaltet (§ 8 Abs. 1a Sozial­gesetzbuch (SGB) IV).

Erstmals im Gesetz

Neu ist auch eine gesetzliche Fest­legung, was das unvorhersehbare Überschreiten der Geringfügigkeits­grenze angeht. Bisher konnte das nur den Geringfügigkeitsrichtlinien der Verwaltung entnommen wer­den. Ein unvorhersehbares Über­schreiten der Geringfügigkeitsgrenze steht danach dem Fortbestand einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nicht entgegen, wenn die Geringfü­gigkeitsgrenze innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeit­raum zu bildenden Zeitjahres in nicht mehr als zwei Kalendermonaten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.

Die Regelung ermöglicht ausnahms­weise eine begrenzte Mehrarbeit aus unvorhersehbarem Anlass sowie Ein­malzahlungen, die dem Grunde und der Höhe nach vom Geschäftsergeb­nis oder einer individuellen Arbeits­leistung des Vorjahres abhängen (§ 8 Abs. 1b SGB IV).

Höchstgrenze im Übergangs­bereich angehoben

Die Höchstgrenze für eine Beschäfti­gung im Übergangsbereich wurde von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben. Diese Maßnahme trägt nicht nur dem Anstieg der Löhne und Gehälter Rechnung, sondern bewirkt eine weitergehende Entlastung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit geringem Arbeits­entgelt als bisher.

Reform beschlossen
Reform beschlossen

Zudem werden Beschäftigte im unte­ren Übergangsbereich noch stärker entlastet, um den Belastungssprung an der Geringfügigkeitsgrenze beim Übergang in eine sozialversicherungs­pflichtige Beschäftigung zu glätten und damit die Anreize für gering­fügig Beschäftigte zu erhöhen, ihre Arbeitszeit über einen Minijob hin­aus auszuweiten. Dazu wird der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschal­beiträge in Höhe von 28 Prozent angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversiche­rungsbeitrag abgeschmolzen.

Bestandsschutzregelung gilt

Für geringfügig entlohnte Beschäf­tigte, die mit einem Entgelt am 30.09.2022 von 450,01 Euro und 520,00 Euro versicherungspflichtig sind, findet eine Bestandschutzrege­lung in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung Anwendung.

  • Gesetzliche Kranken- und Pflege­versicherung (§ 7 Abs. 2 SGB V): Hier besteht die Versicherungspflicht wei­ter, solange das durchschnittliche Entgelt zwischen 450,01 Euro und 520,00 Euro liegt. Diese Bestands­schutzregelung gilt bis zum 31.12.2023. Der Beschäftigte kann sich von der Versicherungspflicht rück­wirkend zum 01.10.2022 befreien las­sen, wenn er bis zum 31.12.2022 – also innerhalb von drei Monaten – einen Antrag bei der jeweiligen Kranken- und Pflegekasse stellt (§§ 7 Abs. 2; 8 Abs. 2 SGB V).
  • Gesetzliche Arbeitslosenversicherung (§ 454 Abs. 2 SGB III): Hier besteht die Versicherungspflicht weiter, solange das durchschnittliche Entgelt zwi­schen 450,01 Euro und 520,00 Euro liegt. Diese Bestandsschutzregelung gilt bis zum 31.12.2023.

Der Beschäftigte kann sich von der Versicherungspflicht rückwirkend zum 01.10.2022 befreien lassen, wenn er bis zum 31.12.2022 – also innerhalb von drei Monaten – einen Antrag bei der Agentur für Arbeit stellt. Wird der Antrag erst nach drei Monaten gestellt, kommt es zur Befreiung von der Versicherungspflicht erst mit dem Beginn des Folgemonats.

  • Gesetzliche Rentenversicherung: Was die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung angeht, gibt es keine Bestandsschutz­regelung. Hier kann sich der gering­fügig entlohnte Beschäftigte von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen (§ 6 Abs. 1b SGB VI).

Künftig sind bei Bestandsschutzrege­lungsfällen zwei Meldungen durch die Arbeitgeber zu erstatten:

  • Eine Meldung ergeht an die gesetz­liche Krankenkasse, was die Versi­cherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosen­versicherung betrifft (z. B. Beitrags­gruppen: 1011, 0010, 1001).
  • Eine weitere Meldung muss an die Minijob-Zentrale bezüglich der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen (z. B. Beitragsgruppen: 0100, 0500 oder 6100, bei einer Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung: 6500).

Praxistipp

Besteht für den Beschäftigten eine Familienversicherung in der gesetz­lichen Krankenversicherung, sind durch den Arbeitgeber Pauschal­beiträge im Rahmen der Bestands­schutzregelung zu entrichten. Die Versicherungspflicht gemäß § 7 Abs. 2 SGB IV entfällt.

Ulrich Frank, Sozialversicherungsfach­wirt und Wirtschaftsjournalist

Reform beschlossen 2
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