Gehaltsextras in Zeiten des Fachkräftemangels : Attraktive Anreize für kleine und mittlere Unternehmen
Wer hätte gedacht, dass einst die Arbeitnehmer den Arbeitsmarkt diktieren, sich Unternehmen um qualifizierte Mitarbeiter reißen. Und dass Arbeitgeber aufpassen müssen, dass kreative Headhunter ihnen ihre Talente nicht auf XING oder LinkedIn abwerben – mit vermeintlich attraktiveren Angeboten bei der Konkurrenz. Wessen Vorstellungskraft in der Vergangenheit nicht so weit reichte, den belehrt die Realität heute eines Besseren. Willkommen in Zeiten des Fachkräftemangels. Gehaltsextras sind deswegen gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen ein beliebtes Mittel, um die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen.
Herausforderungen Fachkräftemangel bei kleinen und mittleren Unternehmen
Der Fachkräftemangel betrifft Unternehmen aller Größenordnungen. Kleine und mittlere Unternehmen spüren die Auswirkungen jedoch besonders. Sie stehen in direkter Konkurrenz zu großen Konzernen, die aufgrund ihrer Ressourcen und Bekanntheit eine stärkere Anziehungskraft auf potenzielle Mitarbeiter ausüben. Zudem können kleinere Unternehmen oft nicht mit denselben Gehaltsangeboten aufwarten wie Großunternehmen.
Auswirkungen auf die Entgeltabrechnung und die Mitarbeiterrekrutierung
Der Kampf um qualifizierte Arbeitskräfte treibt das Lohnniveau in die Höhe. Kleine und mittlere Unternehmen müssen daher kreative Ansätze finden, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern, ohne ihre finanzielle Leistungsfähigkeit überzustrapazieren. Gehaltsextras bieten hier eine interessante Möglichkeit, da sie für Mitarbeiter zusätzliche Anreize darstellen, ohne das Grundgehalt signifikant zu erhöhen.
Es gibt eine Vielzahl von Gehaltsextras, die Unternehmen ihren Mitarbeitern anbieten können. Dazu zählen beispielsweise betriebliche Altersvorsorge, Jobrad-Programme, kostenfreie oder vergünstigte Bahntickets, Tankgutscheine, Erholungsbeihilfen und weitere Zusatzleistungen, die das Arbeitsumfeld aufwerten. Die Auswahl der Gehaltsextras sollten Arbeitgeber dabei auf die Bedürfnisse und Interessen der Mitarbeiter abstimmen.
Insgesamt gilt: Unternehmen dürfen Gehaltsextras nur zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn gewähren. Die Sozialversicherung folgt in der Regel der steuerrechtlichen Beurteilung. Das ist auch im Falle der Nettolohnoptimierung so. Sind die Lohnbestandteile steuerlich begünstigt (steuerfrei oder pauschal versteuert), sind sie gleichzeitig sozialversicherungsfrei.
Zukunftsaussichten von Gehaltsextras als Instrument im Talentmanagement
Die Bedeutung von Gehaltsextras wird in Zeiten des Fachkräftemangels voraussichtlich weiter steigen. Unternehmen werden verstärkt darauf angewiesen sein, ihre Mitarbeiter durch attraktive Zusatzleistungen langfristig an sich zu binden. Eine kontinuierliche Anpassung, und damit zugleich eine Erweiterung der Gehaltsextras an die sich ändernden Bedürfnisse der Mitarbeiter sind somit essenziell.
Philipp R. Kinzel
Das sind die fünf beliebtesten Gehaltsextras:
Steuerfreier Sachbezug: Freigrenze von 50 Euro
Der Sachbezug ist ein monatliches Gehaltsextra. Unternehmen können ihn bis zur rechtlichen Freigrenze von 50 Euro nach § 8 Abs. 2 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) steuer- und sozialabgabenfrei auszahlen. Heißt: 600 Euro netto mehr im Jahr landen so im Geldbeutel der Arbeitnehmer. Inzwischen gibt es einige Anbieter, die wiederaufladbare Prepaidkarten für diesen steuerfreien Sachbezug anbieten. Die Mitarbeiter können die 50 Euro dann oftmals flexibel an verschiedenen Annahmestationen in ihrer Region einlösen – zum Beispiel beim Tanken oder beim Einkaufen im Lieblingsladen um die Ecke. Auch ist im Rahmen des steuerfreien Sachbezugs ein Mobilitätsbudget denkbar – sprich das Deutschlandticket für 49 Euro.
Betriebliche Gesundheitsförderung
Fehlzeiten reduzieren und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer erhöhen: Die betriebliche Gesundheitsförderung ist dafür ein besonders gern verwendetes Gehaltsextra. Aber was genau ist eine betriebliche Gesundheitsförderung? Darunter fallen verschiedene Leistungen wie ergonomische Arbeitsplätze, die Optimierung von Arbeitsabläufen und die Verbesserung der Work-Life-Balance. Arbeitnehmer können hier oftmals zwischen verschiedenen Kursangeboten wählen – wie eine Ernährungsberatung, Yoga, Pilates oder eine Rückenschule. Nach § 3 Nr. 34 EStG sowie § 20 und 20b Sozialgesetzbuch (SGB) V haben Unternehmen die Möglichkeit, ihren Arbeitnehmern eine Förderung bis zu 600 Euro im Jahr lohnsteuerfrei zu gewähren.
Steuerfreie Höchstgrenzen für Erholungsbeihilfen
Mit der sogenannten Erholungsbeihilfe bezuschussen Arbeitgeber die Erholungskosten ihrer Mitarbeiter. Wellnessmaßnahmen, ein Kuraufenthalt, Reisen und andere Ausflüge zu Erholungszwecken (Eintrittsgelder für Schwimmbad, Freizeitpark etc.) sind im Rahmen einer Erholungsbeihilfe möglich. Nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG werden die Zuschüsse mit 25 Prozent pauschal versteuert. Hierfür gelten folgende Höchstgrenzen: 156 Euro pro Jahr und Arbeitnehmer sowie 104 Euro pro Jahr für den Ehepartner oder die -partnerin und 52 Euro pro Jahr für jedes Kind.
Zuschuss zur Kinderbetreuung
Besonders für Eltern ist der Zuschuss zur Kinderbetreuung ein attraktiver Benefit. Entweder unterstützen Unternehmen Eltern durch eine betriebseigene Kita oder einen Kindergarten. Oder sie fördern die Unterbringung in einer regulären (außerbetrieblichen) Betreuungseinrichtung. Der sogenannte Kindergartenzuschuss vom Arbeitgeber ist nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfrei bis zur Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers – es gibt bisher keinen Höchstbetrag dafür.
Benefits für mehr Mobilität: Jobticket, Fahrtkostenzuschuss, Jobrad oder Dienstwagen
- Jobticket steuerfrei bezuschussen
Unternehmen können Karten für öffentliche Verkehrsmittel bezuschussen. Das sogenannte Jobticket nutzen Arbeitnehmer für berufliche und private Fahrten. Den Zuschuss für den öffentlichen Personennahverkehr gewähren Unternehmen ihren Mitarbeitern nach § 3 Nr. 15 EStG komplett steuerfrei.
- Fahrtkostenzuschuss als Benefit
Für die Fahrt mit dem eigenen Pkw zwischen Arbeitsplatz und Privatwohnung können Arbeitgeber nach § 3 Nr. 15 EStG einen Fahrtkostenzuschuss gewähren. Abhängig von der Höhe des Fahrtkostenzuschusses wird er entweder pauschal versteuert oder entsprechend der Einkommensklasse des Arbeitnehmers. Dabei gilt: Die Pauschalversteuerung beträgt 15 Prozent, zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Die Versteuerung erfolgt nach Lohnsteuerklasse und Einkommen des Arbeitnehmers. Sozialversicherungsbeiträge sind ausschließlich für jene Beträge zu entrichten, die Arbeitgeber entsprechend der Steuerklasse des Arbeitnehmers und nicht pauschal versteuern. Die Pauschalversteuerung ist nur dann möglich, wenn der Fahrtkostenzuschuss folgende Kriterien erfüllt:
- Der Fahrtkostenzuschuss liegt innerhalb des jährlichen Werbungskostenabzugs.
- Der Fahrtkostenzuschuss ist eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers.
- Es wurde kein Teil des bestehenden Arbeitsentgelts zum Fahrtkostenzuschuss umgewandelt.
Die Pauschalversteuerung ist für einen Fahrtkostenzuschuss von jährlich 4.500 Euro möglich.
Dies ist nach Steuerrecht der vorgegebene Höchstbetrag für die steuerlich wirksame Entfernungspauschale. Alle darüber liegenden Beträge sind individuell zu versteuern. Erhält der Arbeitnehmer ein sogenanntes Jobticket für den öffentlichen Verkehr, berücksichtigen Entgeltabrechner die Sachbezugsfreigrenze pro Monat, bevor sie die Lohnsteuerpauschalierung anwenden.
- Jobrad oder Dienstwagen als Zusatzleistung
Auch Diensträder werden immer beliebter. Hierfür müssen Arbeitgeber mit einem Jobradanbieter einen Leasingvertrag abschließen. Mitarbeiter suchen sich ein passendes Fahrrad aus. Sprich: Arbeitgeber leasen die Räder und überlassen sie ihren Angestellten zur freien Nutzung für die Dauer des Vertrags. Ein Jobrad ist sowohl als Gehaltsumwandlung als auch als Gehaltsextra möglich.