Vorsorge mal neu denken : Die bAV – noch immer ein unterschätzter Benefit
Die gesetzliche Rentenversicherung allein bietet keine ausreichende Lebensgrundlage mehr. Staatliche Renten, die netto geringer ausfallen als die Hälfte des letzten Nettoeinkommens vor Renteneintritt, sind schon jetzt Standard. Halten Sie ruhig kurz inne und halbieren Sie Ihr aktuelles Netto, um das Problem zu spüren. Nicht schön, oder?
Die gleichzeitige Notwendigkeit von ausreichender Investition, die zulasten des gewohnten jetzigen Lebensstandards geht, wird sofort verdrängt. So reden wir uns also ein, dass es so schlimm schon nicht kommen wird und noch viel Zeit vergeht bis zur Rente, und außerdem will das Leben ja auch jetzt gelebt werden. „Wer weiß denn schon, wie alt ich werde und ob ich das mit der Rente überhaupt erlebe.“ Wie blöd, wenn ganz „umsonst“ gespart worden wäre.
Für dieses Verdrängen, das nur allzu menschlich ist, gibt es in der Sozialpsychologie ein Wort: kognitive Dissonanz. Das Verdrängen des Offensichtlichen erleichtert uns, aber natürlich ist die Situation unverändert.
Früher war das anders
Allseits bekannt ist auch, dass sich der Arbeitsmarkt massiv verändert hat. Der schon lange ausgerufene Fachkräftemangel zieht sich inzwischen durch alle Branchen. Keine Abteilung bleibt verschont. Jeder Job, der irgendwo im Bereich IT angesiedelt ist, wird nahezu mit Gold aufgewogen. Aber auch gute Marketingleute, Controller oder auch Personaler (!) sind derart gefragt, dass der Begriff „Bewerbermarkt“ nicht treffender sein könnte.
Firmenchefs und Entscheider kennen diese Situation und spüren nach und nach auch die Konsequenzen. Unbesetzte Stellen sind gleich in mehrfacher Hinsicht richtig teuer. Nicht nur, dass das Wachstum gestört ist, weil passende Kandidaten auf sich warten lassen – zusätzliche Kosten für Recruiting, Überstunden oder gar Interimslösungen schlagen deutlich zu Buche. Wenn die Ursache unbesetzter Stellen dann auch noch durch eine hohe Fluktuation hausgemacht ist, beginnt sich eine Negativspirale zu drehen.
Fragen über Fragen
Können Sie den Konsens, dass schnelle Neu- oder Nachbesetzungen nicht nur Kosten reduzieren, sondern sogar Erträge steigern, mitgehen?
Sind Sie auch noch dabei, wenn die These lautet, dass längere Beschäftigungsverhältnisse sich mittel- bis langfristig positiv auf Unternehmen und deren Erfolg auswirken?
Dann versetzen Sie sich doch für einen Moment in die Lage des Entscheiders in einem Unternehmen. Könnten Sie die Frage, warum ein Bewerber ausgerechnet bei Ihnen im Unternehmen anfangen soll, mit vielen Argumenten begründen? Ist eine attraktive Firmenrente Teil dieser Gründe? Nein?
Liegt das vielleicht daran, dass bisher nur die Frage „Wozu zwingt uns der Gesetzgeber?“ im Raum stand? Die Antwort darauf lautet bekanntermaßen, dass die verpflichtende Weitergabe der Sozialversicherungsersparnis für Arbeitgeber kostenneutral erfolgt.
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) darf nichts kosten, aber trotzdem sollen die besten Mitarbeiter gewonnen und gehalten werden? Finden wir hier möglicherweise einen weiteren Fall kognitiver Dissonanz?
Lösungsansätze und Kosten
Der Durchführungsweg der Direktversicherung ist im Mittelstand bewährt und bietet mit steuerbegünstigten Sparbeiträgen von bis zu 6.768 Euro pro Person und Jahr einen nennenswerten Gestaltungsspielraum. Beiträge können sowohl vom Arbeitgeber aufgewendet werden als auch durch Entgeltumwandlung finanziert sein. Mischformen sind gang und gäbe. Außerdem ist die Direktversicherung haftungs- sowie verwaltungsarm und verschwindet mit jedem Personalaustritt auch wieder aus den Büchern.
Hinter den Regelungen der „gesetzlichen Verfallbarkeit“ verbergen sich die Möglichkeiten, schon zugesagte und bezahlte Betriebsrenten zu widerrufen und arbeitgeberseitig Gelder zurückzuerhalten, wenn eine gewisse Betriebszugehörigkeit unterschritten ist.
Sogenannte Vorschaltzeiten ermöglichen z. B. eine Zusage nach Beendigung der Probezeit, ab welcher dann eine weitere Zugehörigkeit von drei Jahren erforderlich ist, um die aufgebauten Ansprüche zu erhalten.
Wenn Arbeitgeber eine gut konzipierte bAV anbieten, werden mehrere Probleme auf einmal gelöst. Auf der Seite der Beschäftigten sorgen zusätzlich vom Arbeitgeber aufgewendete Mittel für weniger Eigenbelastung. Das tut der Rente gut.
Arbeitgeber schaffen im gleichen Atemzug mit dem Benefit „Vorsorge“, dass Mitarbeiter Wertschätzung erfahren. Fürsorge wird gelebt und mit der richtigen Ausgestaltung wird sich auch die Betriebszugehörigkeit verlängern. Stellen werden schneller besetzt und mit geringerer Fluktuation steigt zudem der Unternehmenserfolg.
Aus dem Blickwinkel der strategischen Unternehmensführung betrachtet, wird aus dem leidigen Übel ein sehr attraktiver Benefit mit Gewinnern auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.
Hinweise
Richtig gemacht, lösen Ausgaben eines Arbeitgebers für eine bAV keine Sozialabgaben aus. Somit sind sie günstiger als eine Gehaltserhöhung.
Bei entsprechender Gestaltung fallen Kosten nur für die Mitarbeiter an, die sich für diesen Benefit interessieren.
Eingesparte Sozialabgaben durch Entgeltumwandlung reduzieren den Arbeitgeberaufwand.
Langfristig konzipiert, senkt die bAV den Personalaufwand.
Martin Stolzenburg, „Mister bAV®
