Im Blick: Lohnsteuerrecht
Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 vorgelegt
Am 28.07.2022 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) veröffentlicht. Es soll fachlich notwendiger Gesetzgebungsbedarf in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts umgesetzt werden. Hierbei geht es insbesondere um notwendige Anpassungen an EU-Recht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie um Reaktionen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).
In dem Referentenentwurf enthalten sind unter anderem folgende Maßnahmen, die die Entgeltabrechnung bzw. die Einkommensteuer betreffen:
- Vorziehen des vollständigen Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen auf 2023 (§ 10 Abs. 3 Satz 6 und § 39b Abs. 4 EStG-E). Somit können ab 2023 die gesamten Beiträge für eine Rentenversicherung steuermindernd geltend gemacht werden.
- Anhebung des Ausbildungsfreibetrags von 924 Euro auf 1.200 Euro ab dem 01.01.2023 (§ 33a Abs. 2 Satz 1 EStG-E).
- Rückwirkende Steuerfreistellung des Zuschlags an Entgeltpunkten für eine langjährige Versicherung (Grundrentenzuschlag) ab dem 01.01.2021 (§ 3 Nr. 14a EStG-E).
- Schaffung einer Rechtsgrundlage zum Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer, um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen missbrauchssicheren Zahlungsweg zu ermöglichen (§ 139b AO-E). Hier soll versucht werden, eine zentrale Auszahlungsstelle zu schaffen, um solche Leistungen, wie die Energiepreispauschale, zukünftig nicht über Arbeitgeber auszahlen zu müssen.
- Anhebung des Durchschnittsbetrags bei der Pauschalversteuerung nach § 40a Einkommensteuergesetz (EStG) von 120 Euro auf 150 Euro. Dies ist eine Folge der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro je Stunde ab Oktober. Somit kann bei einer pauschalversteuerten kurzfristigen Beschäftigung der Arbeitgeber maximal 150 Euro am Tag als Lohn zahlen.
- Der Kabinettsbeschluss ist dem Vernehmen nach für den 31.08.2022 geplant, weil andernfalls ein Inkrafttreten des Gesetzes bis Ende des Jahres schwierig werden würde. Weitere Details zum Zeitplan sind noch nicht bekannt.

Ausgesteuerte Beschäftigte erhalten die EPP nicht vom Arbeitgeber
Quelle: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA)
Die Energiepreispauschale (EPP) wird nur dann über den Arbeitgeber ausbezahlt, wenn am 01.09.2022 ein erstes Dienstverhältnis besteht. Erhält der Arbeitnehmer im September zwar kein Entgelt, aber für den 01.09.2022 Lohnersatzleistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, dann wird die EPP auch über den Arbeitgeber ausbezahlt, so etwa im Falle des Bezugs von Elterngeld (vgl. FAQ VI, 14). Beziehen Arbeitnehmer am 01.09.2022 keine Lohnersatzleistung, jedoch zu einem anderen Zeitpunkt im Jahr 2022, dann sind sie zwar anspruchsberechtigt, erhalten die EPP aber über die Abgabe der Einkommensteuererklärung (vgl. FAQ VI, 16). So ist es auch im Fall der sog. Aussteuerung. Hier erhält der Arbeitnehmer gerade kein Krankengeld am 01.09.2022, ggf. hat er nicht einmal im Jahr 2022 Krankengeld bezogen, da er schon im Jahr 2021 ausgesteuert wurde.

Die FAQs des Bundesministeriums der Finanzen stellen klar, dass Bezieher von Arbeitslosengeld I keinen Anspruch auf die EPP haben. Klargestellt wurde nun auch, dass Bezieher von Erwerbsminderungsrenten keinen Anspruch haben. Würde nun entgegen der Systematik der Arbeitgeber auch im Falle der Aussteuerung in die Pflicht genommen, die EPP auszuzahlen, müsste er bei den betroffenen Arbeitnehmern abfragen, ob sie zurzeit wegen einer Nahtlosregelung Arbeitslosengeld I beziehen oder ob sie bereits eine Erwerbsminderungsrente erhalten.
Dies wäre ein großer bürokratischer Aufwand, zumal in vielen Fällen kein Kontakt mehr zu den Arbeitnehmern besteht. Bei der Beantwortung hilft auch FAQ VI, 13 nicht weiter, da hier in dem Sachverhalt davon ausgegangen wird, dass der Arbeitnehmer lediglich bis September 2022 krankgeschrieben ist und am 01.09.2022 das Arbeitsverhältnis wieder in Vollzug setzt. Dies ist bei der Aussteuerung gerade nicht der Fall.
Erkrankt ein Arbeitnehmer, erhält er in der Regel zunächst für sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dauert die Krankheit an, erhält er für weitere 72 Wochen Krankengeld. Insgesamt erhalten Arbeitnehmer somit 78 Wochen Lohnfortzahlung und Entgeltersatzleistung. In den Fällen, in denen die Krankheit über 78 Wochen andauert, werden Arbeitnehmer nach dem Ende des Krankengeldbezugs aus der Sozialversicherung abgemeldet, mithin ausgesteuert. Das Arbeitsverhältnis besteht allerdings fort, lediglich Lohnzahlung und Erbringung der Arbeitsleistung entfallen. Um den Lebensunterhalt zu sichern, gehen die meisten betroffenen Arbeitnehmer über die Nahtlosregelung nach § 145 Sozialgesetzbuch (SGB) III in den Bezug einer Erwerbsminderungsrente. Auch in diesen Fällen besteht das Arbeitsverhältnis jedoch grundsätzlich fort, wenn es nicht gekündigt wurde.
Durchschnittliche Steuerbelastung der EPP
Die Bundesregierung hat sich zu der Frage geäußert, wie hoch die durchschnittliche Steuerbelastung für Arbeitnehmer bei der Energiepreispauschale sein wird und wie hoch die voraussichtlichen Steuereinnahmen durch die Energiepreispauschale sein werden.
Die Belastung der an Arbeitnehmer ausgezahlten Energiepreispauschale mit Lohn- bzw. Einkommensteuer ist abhängig von deren persönlichen Verhältnissen (insbesondere: Höhe des Jahresbruttolohns, Steuerklasse, Einzel-/Zusammenveranlagung, weitere Einkünfte, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen) und kann dementsprechend grundsätzlich – je nach persönlichem Grenzsteuersatz – zwischen 0 Prozent = Abzugsbetrag 0 Euro und 47,475 Prozent im Reichensteuersatz (inkl. Solidaritätszuschlag und ggf. zuzüglich Kirchensteuer) = Abzugsbetrag 142,42 Euro betragen.
Das Statistische Bundesamt gibt den durchschnittlichen Bruttojahresverdienst für Vollzeitbeschäftigte (ohne Auszubildende) für 2021 mit 54.304 Euro an. Unterstellt man keine weiteren Abzugsbeträge, ergäbe sich in diesem Durchschnittsfall ein Abzugsbetrag von 107 Euro auf die Energiepreispauschale.
Corona-Pflegebonus vs. Corona-Prämie
Während der Corona-Pandemie ist es Arbeitgebern möglich gewesen und noch möglich, ihren Arbeitnehmern steuerfreie Zahlungen oder Zuwendungen zu leisten. Dabei ist zwingend zwischen der Art der Zuwendung zu unterscheiden. Zum einen gab es die steuerfreie Corona-Prämie in Höhe von 1.500 Euro nach § 3 Nr. 11a EStG und als weitere Möglichkeit wurde der Corona-Pflegebonus nach § 3 Nr. 11b EStG eingeführt.

Arbeitgeber von bestimmten Einrichtungen (Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmte Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt-/Zahnarztpraxen, ambulante Pflegedienste, Rettungsdienste) können in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 an Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Sonderzahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise gewähren.
Die Regelung im § 3 Nr. 11b EStG stellt den Betrag von 4.500 Euro steuerfrei. Zwar handelt es sich erneut um einen Corona-Bonus, allerdings ist dieser mit der Bezeichnung Corona-Pflegebonus auch klar in der Anwendung eingegrenzt. Die Zahlungen müssen im Zeitraum vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 gezahlt werden. Somit greift die „neue“ Steuerfreiheit in den Zeitraum der Corona-Prämie bis zum 31.03.2022.
Der steuerfreie Höchstbetrag gilt für alle Arbeitnehmer, die in den begünstigten Einrichtungen tätig sind. Es müssen also nicht nur Pflegekräfte sein, auch andere Arbeitnehmer in anderen Bereichen in den genannten Einrichtungen fallen unter die Begünstigen. Es ist auch unerheblich, ob die Zahlung aufgrund einer bundes- oder landesrechtlichen oder tarifvertraglichen Regelung erfolgt oder ob der Arbeitgeber die Zahlung freiwillig leistet.
Die Steuerbefreiung bis zum Höchstbetrag von 4.500 Euro für den Corona-Pflegebonus geht der Steuerbefreiung bis zum Höchstbetrag von 1.500 Euro für die Corona-Prämie nach § 3 Nr. 11a EStG vor. Die Prämie konnten alle Arbeitgeber im Zahlungszeitraum vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn steuerfrei zahlen.
Arbeitgeber der o. g. begünstigten Einrichtungen konnten somit in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.03.2022 an Arbeitnehmer ausschließlich den steuerfreien Pflegebonus von 4.500 Euro zahlen. Eine Addition der beiden steuerfreien Höchstbeträge ist nicht vorzunehmen. Eine Korrektur von bereits geleisteten Zahlungen im Jahr 2021 durch den Arbeitgeber ist nicht mehr möglich (§ 41c EStG).
Für Corona-Prämien, die in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 17.11.2021 gewährt wurden, bleibt hingegen der steuerfreie Höchstbetrag von 1.500 Euro weiterhin erhalten.
Lohnsteuer-Anmeldung 2023
BMF-Schreiben vom 07.09.2022 – IV C 5 – S 2533/19/10026 :003
Das Vordruckmuster der Lohnsteuer-Anmeldung für Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume ab Januar 2023 ist gemäß § 51 Abs. 4 Nr. 1 Buchstabe d EStG bestimmt worden. Das Vordruckmuster und die „Übersicht über länderunterschiedliche Werte in der Lohnsteuer-Anmeldung 2023“ werden hiermit bekannt gemacht. Das Vordruckmuster ist auch für die Gestaltung der Vordrucke maßgebend, die mithilfe von Datenverarbeitungsanlagen hergestellt werden (vgl. BMF-Schreiben vom 03.04.2012, Bundessteuerblatt I Seite 522). Abweichend vom Vordruckmuster ist in den elektronischen Formularen zusätzlich zur Kennzahl 23 ein Freitextfeld für die entsprechenden Angaben sowie ein Eintragungsfeld mit der Kennzahl 91 für den Familienkassenschlüssel und ein Eintragungsfeld mit der Kennzahl 43 für das ausgezahlte Kindergeld vorzusehen.
Nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist in der Lohnsteuer-Anmeldung die Lohnsteuer getrennt nach den Kalenderjahren, in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, anzugeben. Die hierfür erforderlichen Kennzahlen und weitere Informationen sind auf den Internetseiten unter www.elster.de veröffentlicht. Die Eintragungen für die Lohnsteuer des Vor- und Folgejahres sind ausschließlich für die Zuordnung der Lohnsteuer zu dem entsprechenden Kalenderjahr zu verwenden. In Korrekturfällen ist die Änderung der jeweiligen Lohnsteuer-Anmeldung nach den Grundsätzen des § 41c EStG zu prüfen.
Lohnsteuerbescheinigung 2023
BMF-Schreiben vom 08.09.2022 – IV C 5 – S 2533/19/10030 :004
Gemäß § 51 Abs. 4 Nr. 1 EStG ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung zu bestimmen. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wurde am 08.09.2022 das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2023 bekannt gemacht.
Der Ausdruck hat das Format Deutsche Industrie Norm (DIN) A4 und kann vom amtlichen Muster abweichen, wenn er sämtliche Angaben in gleicher Reihenfolge enthält und in Format und Aufbau dem bekannt gemachten Muster entspricht.
Bei der Ausstellung des Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung sind die Vorgaben im BMF-Schreiben vom 09.09.2019 (Bundessteuerblatt Teil 1 (BStBl I) Seite 911) zu beachten.
Abweichend zum oben genannten BMF-Schreiben gilt für die elektronische Lohnsteuerbescheinigung ab 2023 Folgendes:
- Gemäß § 41b Abs. 2 Satz 1 EStG ist ab dem Jahr 2023 ausschließlich die Identifikationsnummer als Ordnungsmerkmal anzugeben. Die Verwendung der eTIN ist nicht mehr zulässig.
- Die Sozialversicherungsbeiträge, die auf einen nicht besteuerten Vorteil nach § 19a EStG entfallen, sind unter Nr. 22 bis 27 des Ausdrucks zu bescheinigen, da diese als Sonderausgaben abziehbar sind.
- Ist ein Dritter gemäß § 38 Abs. 3a Satz 1 EStG zum Lohnsteuerabzug verpflichtet, hat er der zuständigen Finanzbehörde für jeden Arbeitnehmer eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung zu übermitteln (§ 41b Abs. 1 Satz 2 EStG).
Markus Stier
