Leadership : Führen durch Coaching
Wir leben in unsicheren Zeiten. Unternehmen stehen in einem harten Wettbewerb. So machen etwa die Themen Klimawandel und gesellschaftlicher Zusammenhalt an den Werkstoren nicht halt. Wie kann in unsicheren Zeiten wirksam geführt werden? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um erfolgreiches Führen zu ermöglichen und einen nachhaltigen Unternehmenserfolg zu gewährleisten?
Herausforderungen bewältigen
Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist gefordert. Deutschland hat zahlreiche Krisen besser überstanden als andere Staaten. Sowohl die Finanzkrise 2009 als auch die Flüchtlingskrise 2015 wurden erstaunlich schnell bewältigt und in jedem Fall besser als von allen Experten vorausgesagt. Doch reicht das aus, um künftige Herausforderungen zu meistern? Die COVID-19-Krise führt allen vor Augen, worum es geht. Es geht ums Überleben. Und viele Unternehmen – wenngleich nicht alle – müssen umsteuern, um auch künftig gewappnet zu sein bei krisenhaften Situationen.
Führen durch Coaching
Persönliches Coaching ist ein unverzichtbares Werkzeug für Führung. Mit dem Übergang zur Netzwerkorganisation schwindet der Schutzraum hierarchischer Strukturen. Die Durchsetzungskraft eigener Vorstellungen durch Anweisung wird folglich immer schwieriger oder gar unmöglich. Dadurch gewinnen Einfühlungsvermögen und Einsichtsfähigkeit immer mehr an Bedeutung. Alle handelnden Personen, seien es die Führungskräfte oder die Teammitglieder, benötigen mehr Reflexion und eine intensive Begleitung.

Führungskräfte wollen den Erfolg
Viele Führungskräfte vertreten die Auffassung, dass der Standort Deutschland ohne eine grundlegende Änderung in der bestehenden Führungspraxis weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Das wird deutlich, wenn man die Entwicklung der Anforderungen der vergangenen Jahrzehnte in den Blick nimmt. Der als typisch empfundene deutsche Führungsstil wird angesichts des sich weiter verschärfenden Fachkräftemangels als Nachteil empfunden im Wettbewerb um die Gewinnung und Bindung von Talenten.
Rahmenbedingungen für erfolgreiches Führen
Wenn wir uns in unsicheren Zeiten befinden, wird es immer schwieriger, eine Unternehmensentwicklung vorherzusehen oder gar zu planen. Das hat Auswirkungen auf allen Ebenen. Erfolgreiche Führung muss daher in der Lage sein, sich auf diese Unsicherheit einzulassen und vor allem die daraus resultierenden Chancen in den Vordergrund zu stellen und nicht die Risiken.

Es stellt sich die Frage, inwieweit das Führen über Zielvereinbarungen überhaupt noch zeitgemäß ist und welche Bedeutung dem Controlling bleibt. Vielmehr muss Führung Orientierung geben, Achtsamkeit und Eigenverantwortung sehr viel mehr fördern. Die persönliche Entwicklung und die Stärkung der Innovationsfähigkeit werden zunehmend im Rahmen von Teams erfolgen.
Das setzt noch mehr als heute eine Kommunikation voraus, die direkt und mit klarer Rede erfolgt.
Führen – Orientierung geben
Hierarchisch steuerndes Management gerät hier an seine Grenzen. Warum ist das so? Nun, Steuerung und Regelung sind angesichts der Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit der Arbeitswelt 4.0 nicht mehr angemessen. Zunehmende Volatilität und gleichzeitig abnehmende Planbarkeit reduzieren die Erfolgschancen von ergebnissichernden Managementinstrumenten wie etwa beim Management von Zielen und Controlling. Klassische Hierarchien werden verstärkt in Frage gestellt. Erfolgreiche Führungskräfte erkennen das und befähigen ihre Mitarbeiter zur Gestaltung ergebnisoffener Prozesse.
Das bedeutet eine Politik der kleinen Schritte, wie wir es schon einmal in der deutschen Ostpolitik während der Zeiten des kalten Krieges erlebten. Die als langwierig erachtete Schrittfolge kann eine Dynamik entwickeln, auf deren Grundlage immense Entwicklungssprünge möglich sind.

Achtsamkeit
Um andere Menschen führen zu können, muss eine Führungskraft erst einmal selbst auf sich Einfluss nehmen können. Damit gewinnt Achtsamkeit an Bedeutung, denn sie fördert die Fähigkeit zur autonomen Selbststeuerung. So kann Achtsamkeit in Situationen, in denen Personen automatischen und emotionalen Reaktionen unterliegen und in denen innerliche Gewohnheiten und alte Verhaltensmuster das aktuelle Geschehen negativ beeinflussen (z. B. der häufige Blick auf das Display des Smartphones), zur Unterbrechung automatischen Agierens beitragen. Es entsteht eine Diskrepanz zwischen der unmittelbaren Erfahrung und der oft unbewussten und handlungsorientierten Verarbeitung. Dies kann produktiv genutzt werden. Durch das Innehalten wird bewusstes Entscheiden genauso ermöglicht wie die Auswahl adäquater Verhaltensstrategien. Dies ist eine zentrale Voraussetzung für effektives Führen.

Compliance agiler Arbeitsformen
Agilität ist in aller Munde, wenngleich Harvard bereits seit geraumer Zeit von Postagilität spricht. Viele neue Möglichkeiten der Organisation können die unternehmerische Wettbewerbsposition stärken. Wichtige Handlungsfelder sind die Sicherstellung und Etablierung digitaler Kompetenzen, die Nutzung agiler Methoden im Rahmen etwa von Kanban und Scrum, virtuelle Teamarbeit sowie Learning on Demand oder die Integration externer Anwendungen in das Human Resources Management, etwa über Online-Plattformen oder Crowdworking-Portale (z. B. Asana, Clickworker, Freelancermap, Upwork), die Einbindung von mobiler HR (z. B. durch mobile Geräte im Personalmarketing, in der Personalauswahl und -entwicklung) sowie durch Bring Your Own Device. Gleichzeitig werden Aufgaben in der Plattformökonomie zunehmend fremdvergeben. Dies geht einher mit einer partiellen Auflösung klassischer Organisationsstrukturen, wie wir sie in der Arbeitswelt kennen, und birgt Risiken für den Auftraggeber/Arbeitgeber durch Scheinselbstständigkeit sowie im Bereich Datenschutz. Führungskräfte müssen sich diesen neuen Anforderungen stellen, und sie sollten dies gleichwohl auf Grundlage von rechtlichen Rahmenbedingungen (z. B. Arbeitsrecht) tun. Damit bewegen sie sich im Spannungsfeld zwischen einer klassischen Regulatorik (Höchstmaß an Steuerungsfähigkeit mit klar nachvollziehbarer Einzelverantwortlichkeit) und agilen Arbeitsformen (geringe Eingriffsmöglichkeiten während des Prozesses und Team-Verantwortung). Umso wichtiger werden Transparenz, eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten sowie nachvollziehbare Dokumentationen. Dadurch können die oben genannten Haftungsrisiken vermieden werden.
Eigenverantwortung
Netzwerke, die sich selbst organisieren, werden zum bevorzugten Modell. Denn damit können die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt besser bewältigt werden. Mit der kollektiven
Intelligenz verknüpft ist die Erwartung von mehr kreativen Impulsen. Dies stärkt die Innovationskraft, beschleunigt die Entwicklungsprozesse und reduziert gleichzeitig die Komplexität, was für das Wissensmanagement von großer Bedeutung ist. Kooperationsfähigkeit hat Vorrang vor reiner Gewinnmaximierung. So rücken etwa gesellschaftliche Themen verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit. Und die Stakeholder-Perspektive des Ausgleichs der Ansprüche und Interessen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen nimmt einen immer größeren Raum ein. Führungskräfte beschäftigen sich folglich mehr denn je mit Fragen der gesellschaftlichen Solidarität und der sozialen Verantwortung von Unternehmen.
Motivation durch Wertschätzung
Motivation wird an Selbstbestimmung und Wertschätzung gekoppelt. Die motivationssteigernde Wirkung von Gehalt und anderen materiellen Benefits wird an Bedeutung verlieren. Persönliches Engagement wird stärker mit Wertschätzung, Entscheidungsfreiräumen und Eigenverantwortung verknüpft. Folgerichtig wird Autonomie ein höherer Stellenwert beigemessen als etwa Statussymbolen. Die freiwillige Selbstverpflichtung (Commitment) steigt in dem Maße, wie die Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit wahrgenommen wird. Die positiven Auswirkungen auf die Arbeitsleistung und das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter bestehen in einer geringeren emotionalen Erschöpfung und einer besseren „Work-Life-Balance“ bei höherer Arbeitsleistung, zunehmender Mitarbeiterbindung und folglich einem gesteigerten Unternehmenswert.
Raschid Bouabba