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Serie – Teil 2 – Mobbing: Wieso, weshalb, warum, wer und wie? : Mobbing im Unternehmen

Die Frage, was Mobbing eigentlich ist und wann man zutreffend von Mobbing sprechen kann, haben wir im ersten Teil erläutert. Nur zur Erinnerung: Es muss eine Reihe von Kriterien erfüllt sein, damit es sich wirklich um Mobbing handelt. Oft genug ist das aber der Fall – viel zu oft.

Lesezeit 4 Min.

Warum wird gemobbt und wer mobbt?

Bei dieser Frage muss man ein wenig differenzieren. Neben dem Mobbing gibt es auch das sogenannte Bossing. Davon spricht man immer dann, wenn ein Vorgesetzter (oder mehrere) aktiv einen Mitarbeiter mobben.

Mobbingtäter

Vorgesetzter!

Nach der bereits zitierten Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) wurden in 13 Prozent der Fälle Kollegen und Vorgesetzte gemeinsam als Mobbingtäter angegeben, in 38 Prozent waren es die Vorgesetzten allein, die als Mobbingtäter identifiziert wurden. Das bedeutet, dass in mehr als der Hälfte aller Fälle der Vorgesetzte zumindest beteiligt ist.

Das ist besonders schlimm, weil eigentlich der Vorgesetzte der erste Ansprechpartner für das Opfer sein und dieses unterstützen sollte. Die Beteiligung des Vorgesetzten stellt daher für das Opfer eine echte Verschlimmerung und eine hohe Belastung dar.

Als klassisches Mobbing gilt hingegen nicht, wenn die Anfeindungen von Dritten, also etwa von Kunden, ausgehen. Die möglichen gesundheitlichen und psychischen Probleme sind prinzipiell dieselben, die Betroffenen können den Angriffen aber – mit Unterstützung des Unternehmens – leichter ausweichen.

Die Antwort auf die Frage, warum Mitarbeiter einen anderen mobben, ist vielschichtig. Es kann durchaus sein, dass persönliche Animositäten dazu führen, dass man einen Kollegen gern „loswerden“ möchte, in der Praxis ist das aber eher selten. In der Regel lassen sich die Gründe fast immer auf Ängste zurückführen.

Mobbing im Unternehmen-min
Mobbing im Unternehmen-min

Etwa die Angst, im Vergleich, mit dem anderen nicht mithalten zu können, den Anschluss zu verlieren. Bei Vorgesetzten ist es häufig die Angst, dass der andere besser sein könnte und an dem eigenen Stuhl sägt. Je unsicherer ein Vorgesetzter selbst ist, desto größer ist die Gefahr, dass er einen guten Mitarbeiter als Bedrohung empfindet. Souveräne Vorgesetzte hingegen nutzen die Kompetenz ihrer Mitarbeiter und fördern sie sogar.

Die Mobbinggefahr steigt mit wachsender Unsicherheit, etwa wenn es Gerüchte um einen Arbeitsplatzabbau im Unternehmen gibt. Die Logik, die dahintersteckt: Wenn ein anderer „freiwillig“ geht (weil er erfolgreich rausgemobbt wurde), steigen die Chancen, dass ich meinen Arbeitsplatz behalten kann. Je weniger konkrete Informationen es gibt, je größer also die Unsicherheit und die Spekulation werden, desto größer wird auch die Mobbinggefahr.

Wer Angst hat und sich in die Ecke gedrängt fühlt, schlägt leicht um sich. Dabei kommt es überhaupt nicht darauf an, ob die Ängste rationaler (Arbeitsplatzabbau) oder irrationaler Natur sind.

Ein weiterer häufiger Grund für Mobbingangriffe ist Xenophobie, also Fremdenangst. Das ist nicht immer wörtlich zu nehmen, es geht nicht nur um eine konkrete Angst vor einem fremden, andersartigen Menschen, sondern generell um Fremdes, Unbekanntes. Gerade diese Form der Angst ist bei uns Menschen sehr tief in den Hirnstrukturen verankert und deshalb schwer zu bekämpfen. In einem Unternehmen, das schon sehr divers aufgestellt ist, ist die Gefahr von Mobbing aufgrund von Andersartigkeit nur gering – die Mitarbeiter sind es ja gewohnt. Kommt aber beispielsweise ein junger, farbiger Mann in ein Team, das bisher ausschließlich aus älteren weißen Männern besteht, ist die Wahrscheinlichkeit von Ausgrenzung sehr groß. Ein solcher Neuzugang sollte daher sorgfältig vorbereitet und aufmerksam begleitet werden, um Mobbingversuche frühzeitig zu bemerken und gegensteuern zu können.

Wie kann der Vorgesetzte Mobbing in seinem Team erkennen?

Das hängt immer von der Intensität der Zusammenarbeit und der menschlichen Nähe zwischen Vorgesetztem und Team ab. In einem gut geführten, funktionierenden Team wird es kaum Anlass für Mobbing geben. Werden Konflikte frühzeitig erkannt, angesprochen und ausgeräumt, kann ein für Mobbing notwendiges Klima gar nicht erst entstehen.

Mobbing im Unternehmen 2-min
Mobbing im Unternehmen 2-min

Erkennen kann man mögliches Mobbing in erster Linie an Verhaltensänderungen. Mobbing verändert – sowohl das Opfer als auch den Täter. Das zeigt sich beispielsweise in Teambesprechungen. Oft wird der Ton unfreundlicher aggressiver. Oder ein Mitarbeiter, der sich bisher offen beteiligt hat, hält sich auffallend zurück, trägt nicht mehr zur Diskussion bei. Aussagen eines Mitarbeiters warden von anderen sofort scharf kritisiert, der Kollege „niedergemacht“ (siehe auch Kasten „Was sind typische Mobbinghandlungen?“).

Natürlich können Verhaltensänderungen, auch der gefühlte Rückzug eines Mitarbeiters, andere Ursachen als Mobbing haben. Es ist aber für den Vorgesetzten wichtig, die Gründe zu kennen – selbst, wenn er keinen Einfluss darauf nehmen kann, weil sie beispielsweise im privaten Bereich liegen. Um den Mitarbeiter und eine eventuelle vorübergehende Leistungsminderung zu verstehen, ist die Kenntnis allemal erforderlich.

Gerade wenn es sich tatsächlich um Mobbing unter Kollegen handeln sollte, ist zum einen eine große Sensibilität des Vorgesetzten gefragt, andererseits aber auch konsequentes Handeln.

Wie Vorgesetzte und Unternehmen mit Mobbing umgehen sollten und wie sie diesem vorbeugen können, behandeln wir im nächsten Teil dieser Serie.

Was sind typische Mobbinghandlungen?

Typische Mobbinghandlungen sind Angriffe auf

  • die Möglichkeit, sich zu äußern,
  • die sozialen Beziehungen,
  • das soziale Ansehen,
  • die Qualität der Berufs- und Lebenssituation,
  • die Gesundheit.

Der Wissenschaftler Heinz Leymann hatte 45 Mobbinghandlungen identifiziert, die sich grundsätzlich in diese Oberkategorien einordnen lassen. Inzwischen haben andere Wissenschaftler bis zu 100 solcher Handlungen beschrieben, die sich aber meist nur in Details unterscheiden.

Jürgen Heidenreich

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