Betriebliche Altersversorgung – Kompakt
Wann spricht man eigentlich von betrieblicher Altersversorgung und was sind über¬haupt diese Durchführungswege?
Ab Renteneintritt lebenslänglich Bier, Stein-/Braunkohle oder Limonade vom Arbeitgeber erhalten, das wär’s doch, oder? Würden sich unter diesem Umstand mehr Menschen für die betriebliche Altersversorgung (bAV) begeistern? Vermutlich schon, wenngleich die Kohle durch andere Energieträger ersetzt werden sollte.
Aber Moment … Wieso sollen lebenslange Getränke oder Energielieferungen denn bAV sein?
Gleich der erste Satz im Betriebsrentengesetz lautet: „Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes.“
Kurzer Check. Alle Voraussetzungen des Gesetzes sind erfüllt: Der Arbeitgeber leistet, der Grund ist das Arbeitsverhältnis und die Leistung ist ans Alter geknüpft bzw. dient zur Versorgung aus Altersgründen. Passt also.
Grund genug, sich mit ein paar Grundzügen der betrieblichen Altersversorgung vertraut zu machen. Vielleicht gibt es ja noch mehr zu lernen.
Durchführungswege
Zum Beispiel zum Thema Durchführungswege. Wussten Sie, dass in Bezug auf die zugesagten Leistungen die Direktzusage absolut führend ist? Mit einer Direktzusage, die auch als Pensionszusage geführt wird, sorgt der Arbeitgeber ohne fremde Partner für die Leistungen. Dies ist eine sehr ursprüngliche Form der Vorsorge über den Arbeitgeber. Kein anderer Durchführungsweg hat volumenmäßig eine stärkere Bedeutung für die bAV. Allerdings ist dieses Ergebnis von den Großkonzernen geprägt und lässt sich in keiner Weise auf den Mittelstand anwenden.
Ein weiterer Durchführungsweg ist die Unterstützungskasse (UK). Aufzeichnungen belegen, dass Arbeitgeber bereits Anfang des 19. Jahrhunderts solch gemeinnützige Kassen eingerichtet haben, die Leistungen für die Belegschaft angeboten haben. Somit kann die UK als ältester Durchführungsweg bezeichnet werden.
Und dann sind da noch die sogenannten „versicherungsförmigen“ Durchführungswege. Hierunter fallen die Direktversicherung, die Pensionskasse und seit 2002 auch der Pensionsfonds. Letzterer ist mithin der jüngste Durchführungsweg. Weite Verbreitung finden diese Durchführungswege in Tarifverträgen und im Mittelstand. Hohe Flexibilität und einfache Handhabung sprechen für diese Lösungen.
Weil Zeiten sich wandeln, Erwerbsbiografien anders geschrieben werden und auch Kapitalmärkte für die Vorsorge eine Rolle spielen, wird die bAV gesetzlich immer wieder nachjustiert.
Klar erkennbar ist, dass Arbeitnehmerschutz die Hauptsache bleibt. Aus diesem Grund sollte sich jeder Personalentscheider im Klaren sein, dass die bAV-Chefsache bleiben sollte. Der (sinngemäße) Passus, dass alle Haftung immer beim Arbeitgeber liegt, hat weiterhin höchste Bedeutung.
Wer finanziert die bAV eigentlich?
Bis vor etwa 25 Jahren wurde die betriebliche Altersversorgung mehrheitlich vom Arbeitgeber finanziert. Die „Betriebsrente“ war ein Magnet für gute Arbeitsplätze und versprach bei entsprechender Betriebstreue eine auskömmliche Ergänzung zur gesetzlichen Rente.
Heute kaum mehr vorstellbar, gab es sogar Systeme, bei denen Arbeitgeber sich zu einem vollständigen Ausgleich der sogenannten Rentenlücke, also dem Unterschied zwischen dem letzten Gehalt und der staatlichen Rente, verpflichtet haben.
Mit einem entsprechend geänderten Rahmen auf steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Ebene kam Ende des letzten Jahrtausends die Entgeltumwandlung ins Gesetz und in Mode. Bruttosparen statt Nettosparen wurde zum Verkaufshit und ist es bis heute geblieben.
Die sogenannte Mischfinanzierung ist zwischenzeitlich auch im Gesetz verankert. Sie verbindet die Entgeltumwandlung mit den Arbeitgeberleistungen und ist im Mittelstand stark verbreitet. Bietet sie doch Arbeitgebern die Chance, die Teile der Belegschaft besonders zu unterstützen, die sich für die zusätzliche Vorsorge selbst engagieren.
Was wird zugesagt? Und in welcher Form?
Egal über welchen Durchführungsweg die betriebliche Altersversorgung abgewickelt wird, niemals ist der Arbeitgeber nur der Abwickler. Auch bei einer Entgeltumwandlung liegt eine Zusage zugrunde und somit ist der Arbeitgeber immer verantwortlich. Gefühlt werden nur Gelder umgeleitet, aber rechtlich gesehen wurde mit der Zusage die volle Verantwortung in die Arbeitgeberhände gelegt.
Wie nennen sich die Zusagearten und worin liegt der Unterschied?
Die reine Beitragszusage ist die sensationelle Abkehr von der jahrzehntelangen Handhabung in der bAV-Welt. Arbeitgeber brauchen sich mit dieser Form der Zusage nur noch zur Zahlung zu verpflichten, für das Ergebnis sind sie nicht mehr verantwortlich. Klingt spektakulär? Ist es auch! Der Haken an der Sache ist, dass so eine Zusage verbindlich in einem Tarifvertrag verankert sein muss und somit aktuell noch immer am Widerstand der Gewerkschaften scheitert. Keine (!) garantierten Ergebnisse sind fürs deutsche Gemüt doch zu viel des Guten.
Genau das Gegenteil der reinen Beitragszusage ist die Leistungszusage. Völlig unabhängig von irgendwelchen Aufwänden oder Geldanlagen ist hier ausschließlich das Ergebnis relevant. Eine schöne Geschichte für die Empfänger der Leistungen, im Gegenzug aber ein hohes Risiko für die Arbeitgeber, denen die komplette Verantwortung für die Kapitalanlage obliegt.
Die Leistungszusage hat daher noch zwei Ableger, bei denen auf die Beiträge Bezug genommen wird.
Weit verbreitet ist die beitragsorientierte Leistungszusage, kurz BOLZ. In der BOLZ wird das Ergebnis anhand der Beiträge in z. B. eine Versicherung ermittelt und die Zusage auf die garantierten Leistungen der Versicherung abgestellt. Zusätzliche Überschüsse gehen standardmäßig an die Leistungsempfänger.
Bei Einführung des Pensionsfonds hat sich die Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) zu den Zusagen gesellt. Eine möglichst wenig begrenzte Kapitalanlage bietet in dieser Form zum Rentenbeginn als Minimum eine Garantie auf die eingezahlten Beiträge.
Absolute Besonderheit und Stolperfalle
Zum Abschluss dieses Artikels schauen wir noch auf eine Besonderheit des Betriebsrentengesetzes, welches den Schutzmechanismus für die Belegschaften unterstreicht.
So sollte jeder Arbeitgeber wissen, dass die Verjährungsfristen für Zusagen 30 Jahre betragen und erst mit Beginn der Leistung angefangen wird zu zählen.
Automatisierte Aktenvernichtung, wie sie in anderen Bereichen nach den üblichen Verjährungsfristen gang und gäbe sind, sollte im kompletten Kontext der bAV keine Anwendung finden.
Martin Stolzenburg, „Mister bAV®“