Free

Kündigung aus politischen Gründen

Seit dem Sylt-Video ist das Thema der Kündigung aus politischen Gründen aktueller denn je. Arbeitgeber müssen entscheiden, ob und wie sie reagieren, wenn ihre Angestellten mit verfassungsfeindlichen Aktionen und extremistischen politischen Bewegungen in Erscheinung treten. Was Sie hierzu kennen müssen, fassen wir kurz & knapp zusammen.

Lesezeit 3 Min.

Private oder öffentliche Arbeitgeber

Zunächst muss zwischen privaten Arbeitgebern und öffentlichen Dienstverhältnissen unterschieden werden. Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst unterliegen aufgrund ihrer hoheitlichen Tätigkeit besonderen Anforderungen an die Verfassungstreue und außerdienstliche Betätigung. Unterschiedliche Anforderungen gelten auch je nachdem, ob der Arbeitnehmer seine politische Aktivität im Betrieb oder in seiner Freizeit ausübt.

@ stock.adobe.com/Pixelot

1. Mitarbeitende bei privaten Arbeitgebern

Bei privaten Arbeitgebern muss zwischen innerbetrieblichem und außerbetrieblichem Verhalten differenziert werden. Ein verhaltensbedingtes Fehlverhalten rechtfertigt in der Regel eine Abmahnung oder verhaltensbedingte Kündigung, während eine personenbedingte Kündigung nur in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner politischen Einstellung seine vertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbringen kann.

Innerbetriebliches Verhalten

Innerbetriebliches Verhalten kann eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass politische Betätigung im Betrieb eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt, wenn andere Mitarbeitende belästigt werden und der Betriebsfrieden oder der Betriebsablauf gestört wird. Nach einer Abmahnung kann sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Parteipolitische Betätigung reicht jedoch nicht aus; es muss eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Auch das Zurschaustellen provozierender politischer Überzeugungen kann den Betriebsfrieden stören. Politische Aktionen am Betriebsgelände können ebenfalls den Betriebsfrieden stören, wenn eine konkrete Belästigung anderer Mitarbeitender vorliegt. 

Außerbetriebliches Verhalten

Politische Betätigung in der Freizeit kann eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt werden. Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen von 2019 entschied, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers, der eine Reichskriegsflagge bei einer Party zeigte, gerechtfertigt war. Die mediale Berichterstattung beeinträchtigte die Rechte und Interessen der Arbeitgeberin, was eine vertragliche Nebenpflichtverletzung nach § 241 Abs. 2 BGB darstellt. Auch im Falle des Sylt-Videos könnte eine Kündigung gerechtfertigt sein, wenn die Arbeitgeberin durch die Berichterstattung negative Auswirkungen erleidet.

2. Öffentliche Arbeitgeber

Im öffentlichen Dienst gelten Besonderheiten. Zu den Nebenpflichten eines Mitarbeiters des öffentlichen Dienstes gehört es, sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetztes zu bekennen. Beamte haben eine gesteigerte Loyalitätspflicht zu beachten. Aufgrund der besonderen Verfassungstreue sind die Anforderungen an eine Entlassung aus dem öffentlichen Dienst niedriger. Sowohl verhaltensbedingte als auch personenbedingte Kündigungen kommen in Betracht. Es muss unterschieden werden, ob der Angestellte hoheitliche Befugnisse ausübt oder nicht.

Ausübung hoheitlicher Befugnisse

Mitarbeitende mit hoheitlichen Befugnissen unterliegen einer gesteigerten Verfassungstreue. Diese ergibt sich aus § 41 S. 2 TVöD und Art. 33 Abs. 2 GG. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes müssen sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Eine personenbedingte Kündigung kann bereits gerechtfertigt sein, wenn außerdienstliche Aktivitäten für eine verfassungsfeindliche Organisation in den Betrieb hineinwirken und die Aufgabenstellung des öffentlichen Dienstgebers oder das Tätigkeitsgebiet des Beschäftigten berühren. Im Falle des Sylt-Videos könnte eine Verletzung der gesteigerten Treuepflicht vorliegen. 

Arbeitnehmer ohne hoheitliche Befugnisse

Auch Beschäftigte ohne hoheitliche Befugnisse unterliegen einer politischen Loyalitätspflicht. Diese fordert, dass sie die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht aktiv bekämpfen. Machen sie den Staat, die Verfassung oder deren Organe durch ihr Verhalten verächtlich, kann dies eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Ein bekanntes Beispiel ist der Fall des „Volkslehrers“ aus Berlin. Das LAG Berlin Brandenburg entschied, dass eine personenbedingte und eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt waren, da der Lehrer den Holocaust leugnete und die freiheitlich demokratische Grundordnung verächtlich machte.

Fazit

Fazit:
Privatrechtliche Arbeitgeber haben nur geringe Erfolgschancen bei einer Kündigung wegen außerbetrieblichem politischen Verhalten eines Arbeitnehmers. Es muss stets eine Wirkung im Betrieb und eine konkrete Beeinträchtigung betrieblicher Abläufe oder der Arbeitspflicht gegeben sein. Bei öffentlichen Arbeitgebern kann außerbetriebliches Verhalten dagegen schneller eine Kündigung rechtfertigen, insbesondere bei herausgehobener Stellung und hoheitlicher Tätigkeit.

von Frau Dr. Felisiak von Eversheds Sutherland (Germany) Rechtsanwälte