Wohnen für Hilfe
Das beliebte Modell „Wohnen für Hilfe“ kann steuerlich überraschende Folgen haben: Wenn Studierende Mietnachlass durch Hilfe im Alltag ausgleichen, entsteht ein steuerlich relevantes Arbeitsverhältnis – mit Pflichten für beide Seiten.

Sachverhalt
Hilfeleistung statt Mietzahlung
Unser Student teilte uns mit, dass er bei einer Rentnerin ein Zimmer zur Miete hat. Die Vereinbarung sieht vor, dass unser Student im Monat 20 Stunden bei der Rentnerin hilft, z. B. beim Einkaufen, Kochen und bei kleinen handwerklichen Arbeiten. Sie hat mit ihm einen Vertrag abgeschlossen, in dem festgehalten wird, dass er seine Stunden durch einen Mieterlass von 100 Euro im Monat „abzahlt“. Nun kam bei uns die Frage auf, wie diese Vereinbarung aus steuerlicher Sicht zu behandeln ist. Besonders wichtig ist die Frage, ob durch die Wohnraumüberlassung und die Unterstützung durch unseren Studenten ein steuerlich relevantes Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Rentnerin entsteht.
Außerdem ist zu klären, ob der Mietnachlass sowie die erbrachte Hilfe als steuerpflichtiges Einkommen gelten und inwiefern die Rentnerin ihre Mieteinnahmen versteuern muss.
Antworten
Steuerliche Behandlung des „Mieterlasses“ und der Hilfe:
Tatsächlich gibt es unterschiedliche Modelle des „Wohnen für Hilfe“-Projekts. Beim Modell 1, bei dem der Wohnraumnehmer (Student) praktische Hilfe im Alltag (z. B. Einkaufen, Kochen, Begleitdienste) leistet, stellt sich die Frage, ob eine steuerliche Behandlung des Mieterlasses vorliegt. Da der Student im Rahmen dieses Modells konkrete Arbeitsleistungen im Haushalt der Rentnerin erbringt, wird dies steuerlich als Arbeitsverhältnis angesehen. Das bedeutet, dass die Rentnerin als Wohnraumanbieterin steuerlich als Arbeitgeber und der Student als Arbeitnehmer gilt. Die „Miete“, die durch die Hilfe ersetzt wird, stellt daher keinen einfachen Mietzins dar, sondern ist als steuerpflichtiges Arbeitsentgelt zu behandeln.
Lohnsteuer und Sozialabgaben:
Der Mieterlass, der mit den geleisteten Stunden verrechnet wird, ist steuerlich als Arbeitslohn zu behandeln. Das bedeutet, die Rentnerin muss Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge auf den Wert der Hilfeleistung (in diesem Fall die 100 Euro monatlich) erheben. Es handelt sich um eine lohnsteuerpflichtige Leistung, da der Student als Arbeitnehmer im Rahmen dieses Modells arbeitet. Für die Rentnerin als Arbeitgeberin entstehen daher auch die Pflichten eines Arbeitgebers, die Lohnsteuer abzuführen sowie die Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen und abzuführen.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:
Die Rentnerin erzielt Einkünfte aus der Vermietung ihres Wohnraums an den Studenten. Diese Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind grundsätzlich steuerpflichtig. Dabei wird der Mieterlass als Teil der Einkünfte aus der Vermietung behandelt, da er mit einer Gegenleistung in Form von Arbeitsleistungen verknüpft ist. Die Einnahmen aus der Vermietung müssen in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Die Rentnerin kann jedoch die durch die Arbeitsleistung des Studenten eingesparten Kosten (z. B. für Einkäufe oder Handwerkerleistungen) als Werbungskosten geltend machen, falls diese als Teil der Vereinbarung gesehen werden.
Modell 2 und 3 – gemeinnützige Tätigkeiten und Ehrenamt:
Beim Modell 2 (gemeinnützige Tätigkeiten im Umfeld des Wohnraumanbieters) und Modell 3 (gemeinnützige Tätigkeiten im Stadtgebiet) kann der steuerliche Status unterschiedlich sein. In diesen Fällen könnte die geleistete Arbeit als ehrenamtliche Tätigkeit ohne Zahlung einer Aufwandsentschädigungspauschale gelten, sodass eine steuerliche Behandlung als Arbeitsverhältnis nicht notwendig ist. Das bedeutet, dass der Wohnraumanbieter in diesen Modellen nicht als Arbeitgeber auftritt und die geleisteten Stunden nicht als Arbeitslohn zu versteuern sind.
alga-Competence-Center, beantwortet durch Janette Rosenberg